Schulentwicklungsplan für den Lahn-Dill-Kreis (II) 26. Oktober 202010. Dezember 2020 Foto: Pexels Rede zum Schulentwicklungsplan (SEP) des Lahn-Dill-Kreises, in der 34. Kreistagssitzung am 26.10.2020, gehalten von Sebastian Brockhoff, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages. Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Vorsitzende. Das vorrangige Ziel des Schulentwicklungsplans (SEP) ist die Sicherstellung unserer qualitativ guten Berufsschulstandorte. Natürlich würden wir gerne alle Schulen mit allem bedecken, keine Zusammenlegungen beschließen müssen und allen alles geben. Das geht aber leider an der Realität von verantwortungsbewusstem Handeln weit vorbei. Das wir unsere Berufsschulstandorte fördern und alle in ihrer Entwicklung unterstützen, zeigen doch auch die Investitionszahlen der letzten Jahre deutlich. Wir wollen keine Schule schwächen, sonst hätten diese Investitionen doch überhaupt keinen Sinn ergeben. Einen solchen Investitionsumfang in berufliche Schulen hat es noch nicht gegeben. Bis heute sprechen wir von: 18 Millionen für die Kaufmännischen Schulen Fast 25 Millionen für die Gewerblichen Schulen Ungefähr 30 Millionen für den Neubau der Theodor-Heuss Schule Knapp 20 Millionen für einen möglichen Neubau der Käthe Kollwitz Schule (Die zuvor geplante Sanierung wäre wesentlich teurer) Und auch an der Werner-von-Siemens-Schule wird es nicht bei Investitionen im Bereich des Brandschutzes bleiben, da wird sicher noch einiges mehr hinzukommen Der Erstellung des SEP lag ein offener und transparenter Prozess zu Grunde, an dem die Schulen, die Innungen, Kreishandwerkerschaft, IHK und auch wir beteiligt waren. Ich möchte daran erinnern, dass auf Basis der Berichte über die Gespräche eine Resolution verabschiedet wurde, in der wir uns für den Erhalt der wohnortnahen Berufsschulstandorte aussprechen und eine Anpassung der Mindestschüler*innenzahlen durch das Land fordern. Unterstützt haben diese Resolution alle, außer der AfD. Auch erinnern möchte ich an die vielen Gespräche zum Thema HoGa und Lebensmittelhandwerk und den Versuch, diese durch eine Zentralisierung in Wetzlar zu sichern. Dieser transparente Prozess wurde uns auch in allen Gesprächen mit den Schulleitungen deutlich bestätigt und wir finden auch in den Stellungnahmen entsprechend lobende Worte. Nun also so zu tun, als sei dieser SEP nur der Plan der Verwaltung, ist falsch. Dieser Plan wurde mit allen Betroffenen ausführlich gemeinsam erarbeitet und es wurden gemeinsam(e) Kompromisse gefunden. Die Grundlage des Plans bilden die Zahlen, die uns vorliegen. An diesen muss sich zwangsläufig orientiert werden. Da es im Schulauschuss einige „Überraschungen“ und Unklarheiten bzgl. der Zahlen gab, auch hierzu einige Worte: Herr Irmer behautet, dass die Klassenstärke in absehbarer Zeit hinabgesetzt würde. Das ist nach unseren Informationen einfach falsch. Es gab Gespräche auf Landesebene, die aber noch lange nicht abgeschlossen sind. In diesen Gesprächen wurden offenbar Zahlen beraten, die aber noch lange nicht spruchreif sind. Bis diese Zahlen möglicherweise zum Tragen kommen, werden wohl noch einige Schuljahre vergehen. Daher wäre es unredlich, nun einen, voraussichtlich 5 Jahre lang gültigen, Plan auf nicht bestätigte, nicht festgelegte Zahlen aufzubauen, die erst in einigen Jahren Auswirkungen haben. Jetzt etwas zu versprechen, was noch lange nicht in trockenen Tüchern ist, ist reine Show und einfach nur Wahlkampf. Nun möchte ich auf den SEP selbst zu sprechen kommen. Die strittigen Punkte, die sich herausgestellt haben, sind in Anbetracht des Gesamtumfangs der Maßnahmen zum Glück überschaubar. Die beiden eingegangenen Änderungsanträge der Koalition und der CDU betreffen diese Punkte. Daher möchte ich mich auch auf diese Punkte beschränken. Zum Streitpunkt HoGa. Es ist geplant, den HoGa-Bereich von Wetzlar nach Dillenburg zu verlegen. Und auch hier sind die Zahlen wieder der ausschlaggebende Punkt. Wir sprechen für den gesamten LDK von 5 Ausbildungsberufen mit insgesamt 94 Schüler*innen in drei Ausbildungsjahrgängen. Aufgeschlüsselt sieht die Lage wie folgt aus: Fachkraft im Gastgewerbe: 9 Auszubildende Fachmann/-frau für Systemgastronomie: 2 Auszubildende Hotelfachmann/-frau: 28 Auszubildende Koch/Köchin: 44 Auszubildende Restaurantfachmann/-frau: 11 Nochmals, es handelt sich bei diesen Auszubildenden um alle Auszubildenden im LDK, in allen fünf Ausbildungsberufen, über alle Ausbildungsjahre hinweg. Und dann wird hier gefordert, beide Standorte aufrecht zu erhalten. Auf welcher Grundlage sollte dies den geschehen? Selbst, wenn es in den nächsten Monaten eine Entscheidung in Wiesbaden über die Mindestschülerzahlen gäbe – was wie gesagt nicht passiert – werden diese Zahlen nicht im Ansatz reichen. Wie klein sollen denn die Klassen werden? Wir wissen, dass wir damit eine harte Entscheidung für ein ohnehin hart gebeuteltes Gewerbe treffen. Aber was ist die Alternative? Augen zu und durch? Dann besteht die Gefahr, dass wir in wenigen Jahren diese Beschulung komplett verlieren. So haben wir die Möglichkeit eine Bündelung von Ressourcen an einem Standort vorzunehmen und diesen Standort – im Falle HoGa: Dillenburg – zukunftssicher zu machen. Zum Streitpunkt Lebensmittelhandwerk. Hier sah der ursprüngliche Plan vor, Bäcker*innen und Fleischer*innen von Wetzlar nach Dillenburg zu verlegen. Hier zeigen sich wie im HoGa-Bereich nur geringe Schüler*innenzahlen. Im Schuljahr 18/19 waren es 17 Bäcker*innen und 15 Fleischer*innen, über alle drei Ausbildungsjahre hinweg, im gesamten LDK, Tendenz sinkend. Unsere Gespräche mit den Schulleitungen und den Innungen haben nun dazu geführt, dass wir etwas von dem ursprünglichen Plan abrücken. Wir wollen, dass die Bäcker in Wetzlar bleiben. Und das, weil Eine gemeinsame Beschulung von Konditoren und Bäckern möglich ist, Die Investitionskosten gering sind, Und die Fachverkäufer ebenfalls in Wetzlar beschult werden sollen. Vor dem Hintergrund, dass für die KKS ein Neubau im Gespräch ist, wäre es aber auch rein aus finanziellen Gedanken falsch, die Situation nicht zu nutzen und unnötige Investitionen zu vermeiden. Sie von der CDU wären doch die ersten, die uns kritisieren würden, wenn wir nun in einer sanierten oder neugebauten KKS Millionen in den HoGa-Bereich und das Lebensmittelhandwerk investieren würden, und diese Bereiche in wenigen Jahren leer stehen würden. Und diese Kritik wäre absolut gerechtfertigt! Zum Streitpunkt „Kompetenzzentrum Sozialwesen“. Hier, und das gestehe ich in aller Offenheit, war ich von der Wucht der Diskussion und dem Ausmaß der Ängste durch den Prüfauftrages sehr überrascht. Um es klarzustellen: die Gewerblichen Schulen haben knapp 200 Schüler*innen in der Fachschule für Sozialwesen! Es war nie in der Diskussion diese Fachschule zu schließen und an der KKS anzudocken. Uns ging es von Beginn an darum, die KKS zu stärken. Diese Schule hat mit der Abgabe des HoGa-Bereichs und Teile des Lebensmittelhandwerks bereits Abschnitte machen müssen. Wie dargestellt ist dies zahlenmäßig überschaubar, aber dennoch ein Verlust von ganzen Ausbildungsberufen. Zudem ist die KKS im Vergleich zu der Dillenburger Schule insgesamt kleiner und eingeschränkter im Fächerangebot. Die Gewerblichen Schulen folgen dem Konzept einer Kreisberufsschule und decken vom Sozialwesen bis zur Industrie 4.0 vieles ab. Daher ist die Intention, dass wir die KKS in ihrer Spezialisierung weiter unterstützen. Wir wollen prüfen, ob sie ein Kompetenzzentrum für Sozialwesen werden kann! Was das bedeutet und ob es so kommt, liegt dann in der Hand der Schule! Wir nehmen die Ängste der Dillenburger Schule natürlich ernst. Wir haben auch viele Gespräche geführt und auch in unserer Fraktion, aber auch in der Koalition heiß diskutiert. Daher, um die Ängste hoffentlich etwas abzumildern, haben wir den Antrag auf die Bestandgarantie gestellt. Im Ausschuss habe ich von einer Selbstverständlichkeit gesprochen, die wir nun nochmals in Worte fassen: Wir wollen die Gewerblichen Schulen nicht schwächen! Eine Schulform mit 200 Schüler*innen bietet überhaupt keinen Anlass dazu, sie zu schließen oder zu verlegen! Wir wollen die KKS lediglich in ihrer Entwicklung zur weiteren Profilbildung unterstützen, und zwar zum Wohle des ganzen LDK und nicht zu Lasten der Gewerblichen Schulen Dillenburg. Abschließend möchte ich noch kurz zu den Anträgen vier bis sechs der CDU kommen. Ich muss sagen, ich habe mich auf den ersten Blick sehr gewundert über diese Anträge, da sie etwas fordern, dass entweder schon längst beschlossen ist (BG „Pädagogik“) und/oder bereits genauso im SEP drinsteht. Dann ist mir eingefallen, dass bald Kommunalwahl ist und Sie in der Opposition und dann war alles klar. Sie wollten einfach Änderungsanträge stellen und jede Schule bedenken und dabei ist das herausgekommen. Noch ganz kurz zu ihrem letzten Antrag. Einen bedingungslosen Neubau! Entschuldigen Sie bitte, aber das kann doch nicht ihr Ernst sein. Einen Neubau ohne jede Bedingung? Das hätte es ja noch nie gegeben! Wir haben nun seit letzter Woche Zahlen vorliegen. Wenn diese sich bestätigen, dann ist die Frage ob Neubau oder Sanierung recht eindeutig. Voraussetzung für diese Zahlen ist aber, dass die im SEP dargestellten Maßnahmen vollzogen werden. Mit HoGa und Fleischer*innen, sprechen wir nämlich ruckzuck wieder über ganz andere Zahlen, sehr geehrte Damen und Herren. Daher unser Änderungsantrag. Zum Schluss sei nochmals gesagt, dass dieser SEP ein Konzept der Sicherung unserer Standorte ist. Man könnte in der Darstellung der CDU ja fast darauf kommen, dass wir diese alle niederwirtschaften wollen! Das ist natürlich vollkommener Quatsch! Bereits getätigte oder fest geplante Investitionen in unsere beruflichen Schulen von knapp 100 Millionen Euro sprechen da genauso eine andere Sprache wie die Tatsache, dass wir realistische, wenn teilweise auch schmerzhafte Entscheidungen zum Wohle des Kreises treffen und nicht das Blaue vom Himmel versprechen und dies mit Wunschzahlen untermauern. Das sehr geehrte Damen und Herren, unterscheidet unsere Koalition und unsere Kreisregierung von der Opposition! Vielen Dank.