Gendergerechte Sprache und deren Verwendung im amtlichen Gebrauch des LDK I 20. Januar 202224. Februar 2022 Foto: Pexels / Magda Ehlers Rede zur Gendergerechten Sprache bzw. deren Verwendung im amtlichen Gebrauch des LDK in der 6. Kreistagssitzung (Fortsetzungssitzung) am 17.01.2022, gehalten von Andrea Biermann, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages. Industriekaufmann, Wirtschaftsingenieur, Diplomandenvertrag, Produktmanager … Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Herren und Damen, dies sind die Begriffe, die mich während meiner schulischen und beruflichen Ausbildung stets begleitet haben. Viele Jahre ist mir dieser Sachverhalt auch überhaupt nicht negativ aufgefallen und als die Diskussion über „Gendergerechte Sprache“ begann, war ich mir nicht sicher, ob dies überhaupt nötig sei. Ich persönlich war immer in einem männergeprägtem Umfeld und habe mich dort auch weder unwohl noch gar nicht wahrgenommen gefühlt. Allerdings musste ich nach einiger Überlegung feststellen, dass ich da doch eher eine Ausnahme bin. Denn als ich 2000 angefangen habe Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren, waren von den ca. 60 Erstsemester*innen nur eine Hand voll Frauen. Und als ich dann noch vor wenigen Wochen auf eine Studie der „Freien Universität Berlin“ gestoßen bin, bei der es darum geht wie die Sprache die kindlichen Wahrnehmung von Berufen prägt, hat sich meine Sichtweise auf die gendergerechte Sprache eindeutig verändert. Hier wurden 2 Studien mit fast 600 Kindern aus Belgien und Deutschland durchgeführt. Der eine Gruppe wurden geschlechtergerechte Bezeichnungen von Berufen präsentiert, der anderen ausschließlich die männliche Pluralform. Es wurden insgesamt 16 Berufe vorgestellt, davon: fünf typisch weibliche acht typisch männliche und drei geschlechtsneutrale. Die Kinder sollten in einen Fragebogen für jeden Beruf einschätzen, wieviel man in dem jeweiligen Beruf verdient, wie wichtig er ist, wie schwer er zu erlernen und ausführen ist und ob man sich selbst zutrauen würde, diesen Beruf zu ergreifen. Die Studie zeigt, dass Kinder, denen die geschlechtergerechten Berufsbezeichnungen präsentiert worden waren, sich viel eher zutrauten, einen „typisch männlichen“ Beruf zu ergreifen, als denen der nur die männliche Pluralform genannt worden war. Die typisch männlichen Berufe wurden nach der geschlechtergerechten Bezeichnung als leichter erlernbar und weniger schwierig eingeschätzt. Mit dieser Erkenntnis habe ich an der „Technischen Hochschule Mittelhessen“ recherchiert. Dem Bericht des Präsidiums von 2020/2021 konnte ich entnehmen, dass der Anteil der weiblichen Studierenden gerade 32% beträgt, am Campus Friedberg, an dem die technischen Studiengänge dominieren sogar nur 22%. Anschließend habe ich im Studierendensekretariat nachgefragt, um ein Gefühl für ein „typisch männlichen Studiengang“ zu bekommen. Beim Studiengang Maschinebau liegt der Frauenanteil bei nicht einmal 7%. Ich bin der Meinung, dass uns diese Fakten wachrütteln müssen, auch wenn der Rat für deutsche Rechtschreibung die Nutzung der „Gendergerechten Sprache“ in Frage stellt. Auch konnte man in dem Artikel „Das Ende des Fräuleins“ aus z.B. dem „Herborner Tageblatt“ vom 11. Januar entnehmen, dass Sprache durchaus im Wandel ist. Vor 50 Jahren gab es am 16. Januar vom Innenministerium – damals unter Hans-Dietrich Genscher / FDP – ein Runderlass. Im behördlichen Sprachgebrauch, sei für jede erwachsene Person die Anrede „Frau“ zu verwenden. Diese Sprachdebatte „Darf sich eine unverheiratete weibliche Person einfach ‚Frau‘ nennen“ ist heute kaum noch nachzuvollziehen. Daher bleibt zu hoffen, dass auch die Anwendung der „Gendergerechte Sprache“ irgendwann selbstverständlich sein wird. Wir werden den Antrag ablehnen. Vielen Dank! Hinweis: Es handelt sich bei dieser Rede um die Niederschrift einer im Kreistag gehaltenen Rede. Es gilt das gesprochene Wort.