Einführung einer Vermögensabgabe 8. Juli 20219. Juli 2021 Foto: Pexels Rede bezugnehmend auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Erhebung einer Vermögensabgabe, in der 3. Kreistagssitzung am 05.07.2021, gehalten von Dr. Jan Marien, Bündnis 90/ Die Grünen, Mitglied des Kreistages. Sehr geehrter Herr Kreistagsvorsitzender, liebe geehrte Kolleginnen und Kollegen, zweifelsohne stellt die Corona-Krise und ihre Überwindung alle staatlichen Haushalte, und damit auch die des Lahn-Dill Kreises, vor enorme Herausforderungen. Das vergangene Jahr 2020 konnte erfreulicherweise aufgrund der Bundes- und Landeshilfen mit einem positiven Finanzergebnis abgeschlossen werden, darüber haben wir vorhin unter TOP 3 gesprochen. Die finanziellen Risiken für die Folgejahre sind für den Kreis aber sehr hoch. Auf Bundesebene wird darüber zu befinden seien, wie besonders Vermögende und Leistungsfähige ihren fairen Anteil zur Bewältigung der Lasten beitragen können. Ganz offensichtlich hat die Krise dazu beigetragen, die sozialen Unterschiede in Deutschland noch zu verstärken. Die Börsen erreichen Höchststände, viele Vermögende haben in den letzten 18 Monaten ganz erheblich davon profitiert, während viele einfache Arbeitnehmer*innen, Gewerbetreibende, Kulturschaffende, Solo-Selbständige und andere sozial schlecht abgesicherte Menschen um ihre Existenz bangen. Deutschland steht in Europa an Platz zwei der Vermögensungleichheit – hier nach Wegen zu suchen, die Ungleichheit zu verringern, das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit: Zu große Vermögensunterschiede gefährden die Gesellschaft und die Demokratie. Die Fraktion DIE LINKE fordert nun in Ihrem Antrag eine Vermögensabgabe. Eine solche ist nach Artikel 106 Abs.1 Nr. 5 GG durchaus möglich. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat allerdings bereits 2012 festgestellt, dass es für eine Vermögensabgabe „einer existenzbedrohenden finanziellen Notlage des Staates“ bedarf, in der „weder eine Steigerung der Einnahmen aus den übrigen Steuern noch eine Ausweitung der Kreditaufnahme oder eine entsprechende Ausgabenkürzung möglich ist“. Ich denke, es ist offensichtlich, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die gesamten öffentlichen Schulden werden von einem Niveau von 59% vor der Corona-Krise auf etwa 73% des BIP am Ende diesen Jahres steigen. D.h. die Schulden von Bund, Ländern und Kommunen werden im Jahr 2021 den Schuldenstand von 2019 um schätzungsweise 550 Milliarden Euro übersteigen, das ist ein sehr hoher Betrag! Man muss aber auch feststellen: er liegt deutlich innerhalb der Schuldentragfähigkeit von Deutschland. Es ist im übrigen auch eine Schuldenquote, die immerhin noch gut 9 Prozentpunkte niedriger ist als nach der Finanzkrise 2010. Auch gibt es ein großes Potential, unnötige und klimaschädliche Subventionen zu streichen. So beziffert eine Studie des „Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ das Potential allein der zehn besonders klimaschädlichen Subventionen auf jährlich bis zu 46 Mrd. Euro. Und, wie bereits erwähnt, gibt es bei vielen Steuerarten die Möglichkeit, diese so umzugestalten, dass die Lasten der Krise fairer verteilt werden. Deshalb trägt auch Ihr historischer Vergleich nicht: Die Situation heute ist ernst, aber in keiner Weise mit der Lage nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichbar. Schließlich: Die Einnahmen aus einer Vermögensabgabe stehen einzig dem Bund zu, können also gar nicht zu Finanzierung kommunaler Aufgaben eingesetzt werden. Aus diesen Gründen wird die Fraktion B90/Die GRÜNEN diesen Antrag ablehnen. Vielen Dank.